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Titel der Veranstaltung

Philosophie des Bildes und Philosophieren in Bildern – die Herausforderung Platons
Leitung Ort Beginn Wochentag Zeit
J. Rauscher P13 17.04.01 Dienstag 16-18 Uhr

Gegenstand der Veranstaltung

Die Frage nach dem Bild und seiner Wirkmächtigkeit ist, wenn man Vilém Flusser folgt und wenn man die postmoderne Wendung in den Facetten Lyotard oder Baudrillard bedenkt, eine der wichtigsten Fragen der heutigen Philosophie. Dabei mag der Übergang zu den sogenannten technischen Bildern eine gewisse Rolle spielen.
Kennzeichnete der sogenannte ‚linguistic turn' ohne Zweifel die Philosophie des 20.Jahrhunderts, so sprechen viele im Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert von einem 'iconic turn'. Daß Film zum Leitmedium des ausgehenden 20. Jahrhunderts erklärt worden ist, paßt in diesen Zusammenhang. Und die Metapher vom Kino im Kopf' in der Philosophie des Bewusstseins erscheint vor diesem Hintergrund nur als folgerichtig und bezeichnend. 
In der Mediendiskussion werden Fragestellungen nach dem Zusammenhang von Bild und Text und nach der zu beobachtenden Umkehrung des Bild-Text-Verhältnisses prominent. Das Verhältnis sekundärer Illustration zu primärem Text wandelt sich zu sekundärer Texterläuterung als Beigabe zum primären Bild. Doch wie immer es um solche Fragen eines empirisch festzustellenden Primats auch stehen mag, die Frage nach dem Bild, ob kulturpessimistisch: als Besorgnis angesichts der Bilderflut, oder kultureuphorisch: als Möglichkeit einer affirmativen Ästhetik oder eines neuen Erkenntnismediums, formuliert, bestimmt die zeichentheoretische Diskussion.
Zunächst gilt es daher, den Begriff des Bildes zu untersuchen und die Frage der kognitiven Valenz und insbesondere die Frage nach dem Wirkpotential von Bildern und Bildfügungen zu betrachten. Von daher ergibt sich eine natürliche Fragerichtung hin zur Rolle von Einbildungskraft und Sinneswahrnehmung. Hier liegt die Nahtstelle für den Übergang von einer Philosophie des Bildes zu der Frage nach den Grenzen und Möglichkeiten eines Philosophierens in Bildern. 
Indirekt ist dabei auch die Rolle der Schlagworte und der Assoziationen als Ersatz und Herausforderung diskursiv verknüpfter Argumentationsketten, also die metaphorische Verwendung des Bildbegriffs für assoziationsreiche, rhetorisch gehöhte Sprache, und damit eine bestimmte Form der Rhetorik, von Belang.
Strukturell scheint sogar ein enger Zusammenhang zu bestehen zwischen den Wirkmechanismen bilderreicher, gleichnishafter Sprache und mythischer Fundierung und den neuen bildgebenden Medien, also zwischen Bildemphase im buchstäblichen und figurativen Sinn .
In vielfältiger Weise begegnen wir heute im Bereich der Philosophie einer Ersetzung begrifflicher Arbeit durch Bilder, sei es in rhetorischer Bildhaftigkeit der Sprache bei zahlreichen Autoren der Postmoderne, sei es in Bezugnahme auf graphische Verbildlichungen von Entwicklungen oder andere bildunterstützte Präsentationsformen philosophischer oder wissenschaftlicher Ergebnisse. Doch die Grundfragestellung findet sich bei Platon. Nicht umsonst kennzeichnet man weite Teile der heutigen bildversessenen Philosophie als eine neue Sophistik, um die Gegenstellung zu Platon anzudeuten.
Die Vorlesung nimmt aus diesem Grund auch dezidiert Platon in den Titel auf, wobei der Genitiv in der doppelten Fügung von genitivus subiectivus und genitivus obiectivus zu lesen ist. Platon stellt die Herausforderung dar und Platons Position findet sich durch den Anspruch nicht nur postmoderner Bildversessenheit herausgefordert. 
Die Veranstaltung ist geeignet für HörerInnen
ohne Vorkenntnisse

Artikel/Literatur zur Einführung

Keine Einführungsliteratur.
Man kann sich den einen oder anderen Text in: Bildlichkeit. Hg. von Volker Bohn, Ffm.: Suhrkamp (es 1475), 1990, oder Was ist ein Bild? Hg. von Gottfried Boehm, München, 1994, anschauen - die Einleitung vielleicht tatsächlich als eine Art Einführung -, man kann sich Deleuze's Philosophie des Kinos (Kino I: Bewegungsbild, Kino II Zeitbild), zu Gemüte führen oder Vilem Flussers Für eine Philosophie der Fotografie (1983) als Einstieg in die Problematik von Bild und Einbildungskraft heranziehen. Am besten jedoch ist es, zunächst von Platon die Politeia (Buch III, VII oder X) oder den Gorgias zu lesen, von eben selbigem Gorgias die Helenarede (Gorgias, Reden, Fragmente und Testimonien, gr.-dt.. hg. von Th. Buchheim) und dann in die Höhle zu steigen und die Problematik von Bild, Abbild und Bildwirksamkeit an einem Thesenfilm wie Kurosawas Rashomon oder Ferraras Dangerous Game zu testen.